Mehrwertausgleich

Das Raumplanungsgesetz (RPG) hält die Kantone bereits seit dem 1. Januar 1980 an, einen angemessenen Ausgleich für planungsbedingte erhebliche Vor- und Nachteile zu schaffen. Vielerorts wurde dieser Ausgleich jedoch nie eingeführt. Am 1. Mai 2014 hat sich der Wind gedreht: Das revidierte RPG verlangt nun mit Nachdruck die Einführung eines Mehrwertausgleichs.

Welchen Wert ein Grundstück hat, bemisst sich nach dessen Nutzungsmöglichkeiten. Wie ein Grundstück genutzt werden kann, das bestimmt in erster Linie die Gemeinde mit ihrer Nutzungsplanung. Sie kann den Wert eines Grundstücks steigern, beispielsweise wenn sie Landwirtschaftsland neu als Bauland einzont oder wenn sie auf einem Grundstück eine erhöhte Nutzung zulässt. Sie kann umgekehrt den Wert eines Grundstücks vermindern, indem sie etwa aus teurem Bauland «billiges» Landwirtschaftsland macht. 

Kantone müssen Mehrwertausgleich gesetzlich verankern 

Für den Ausgleich von planungsbedingten Mehrwerten – wenn sich der Wert eines Grundstück durch eine planerische Massnahme erhöht –, braucht es eine Ausführungsgesetzgebung der Kantone. Dem Gesetzgebungsauftrag leisteten bis zur Revision des Raumplanungsgesetzes 2012 nur einzelne Kantone Folge und sorgten damit für einen Ausgleich des Mehrwerts. Das Untätigsein der Kantone hatte damals keine rechtlichen Folgen.  

Anders ist die Situation unter dem neuen Recht. Gemäss diesem hatten die Kantone fünf Jahre Zeit, um die notwendigen Regelungen an die Hand zu nehmen. Das Bundesrecht schreibt als Minimum vor, dass bei Einzonungen eine Abgabe von 20 Prozent zu erheben ist.  

Heute haben alle Kantone entsprechende Regelungen für den Mehrwertausgleich geschaffen. Das Bundesamt für Raumentwicklung ARE hat diese geprüft und für jeden Kanton einen Prüfungsbericht erstellt. Die Berichte sind auf der Website des ARE zu finden. 

Mehrwertausgleich auch für Um- und Aufzonungen 

Das Raumplanungsgesetz schreibt den Kantonen als allgemeiner Gesetzgebungsauftrag – also über die Minimalregelung hinaus – vor, dass «erhebliche» Mehrwerte generell auszugleichen sind (Art. 5 Abs. 1 RPG). Dabei geht es um Mehrwerte bei Umzonungen (z. B. von einer Industriezone in eine Misch- oder Wohnzone) oder Aufzonungen (Erhöhung des Nutzungsmasses bei gleichbleibender Zonenart). Die Kantone müssen zusammen mit den Gemeinden dafür sorgen, dass auch solche Mehrwerte angemessen ausgeglichen werden. Dies hat das Bundesgericht in zwei aktuellen Urteilen klargestellt (Münchenstein II und Meikirch; siehe dazu auch den Artikel «Im Fokus»).

 

Korrektur des Parlaments

Das Parlament hat im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten zu RPG 2 einen themenfremden Einzelantrag des St. Galler Mitte-Ständerats Benedikt Würth angenommen. Neu sollen die Kantone von Bundesrechts wegen nur noch zur Umsetzung der Minimalregelung (20 % bei Einzonungen) verpflichtet werden. Den Ausgleich von Mehrwerten bei Um- und Aufzonungen regelt das kantonale Recht. Wie die Übersicht von EspaceSuisse zu den kantonalen Ausführungsbestimmungen zeigt, ist es heute den Gemeinden in den meisten Kantonen erlaubt, über die Minimalregelung hinauszugehen und auch Mehrwerte bei Um- und Aufzonungen zu erfassen. Es ist zu hoffen, dass dies so bleibt.

Sollten aber die Gemeinden auf den Mehrwertausgleich bei Um- und Aufzonungen generell verzichten (müssen), wird dies die qualitätsvolle Innenentwicklung nicht fördern, sondern behindern. Die Bevölkerung wird deutlich weniger bereit sein, Verdichtungen mitzutragen, wenn das Geld für mehr Lebensqualität fehlt. Denn ohne gleichzeitig erfolgende Massnahmen, die den individuellen Wohnwert und den unmittelbaren Lebensraum im Quartier aufwerten, lassen sich für Innenentwicklungs- und Verdichtungsvorlagen keine politischen Mehrheiten finden – was sich ja zuweilen schon jetzt zeigt.

EspaceSuisse hat die kantonalen Regelungen in einer Tabelle zusammengestellt und führt diese laufend weiter (siehe unten). 

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